Machbarkeitsstudie zur Absolutierung von Bioethanol aus landwirtschaftlichen Brennereien
Einleitung
Die Produktion von (Roh-)Branntwein ist in Deutschland durch das Branntweinmonopol geregelt. Es regelt den staatlichen An- und Weiterverkauf von Alkohol, der im deutschen Monopolgebiet hergestellt wurde sowie die Einfuhr von Alkohol aus Drittlandstaaten. Das Branntweinmonopol verpflichtet bzw. berechtigt Brennereien, Alkohol aus der Verarbeitung bestimmter landwirtschaftlicher Rohstoffe (z.B. Kartoffeln, Getreide oder Kernobst) an die Bundesmonopolverwaltung abzuliefern. Dafür erhält der Brennereibesitzer ein kostendeckendes, durch Zu- bzw. Abschläge auf die betrieblichen Verhältnisse abgestelltes, Entgelt (Branntweinübernahmegeld). Durch den Erwerb von Brennrechten und der jährlichen staatlichen Ausgabe von Nutzungsbegrenzungen des Brennrechts wird die Branntweinproduktion begrenzt.
Die Produktion von Rohbranntwein erfolgt nach der staatlichen Ausgabe der Nutzungsbegrenzungen, die in der Regel mit der Rohstoffernte (Weizen) einhergeht. Für die Produktion der erlaubten Menge Rohbranntwein werden ca. vier Monate benötigt, so dass die Anlagen in den übrigen Monaten außer Betrieb genommen werden.
Das Brennrecht darf in der Regel nach den jährlichen Vorgaben der Bundesmonopolverwaltung nur zu 50-70 % ausgeschöpft werden. Derzeit werden 521.638 hl/a erzeugt, dies entspricht einer Ausnutzung des bestehenden Brennrechtes von ca. 50 %. Tatsächlich haben die bestehenden Anlagen aber eine um ein Vielfaches höhere maximale Anlagenkapazität. Aufgrund dieser Tatsache wurden bereits Machbarkeitsstudien zur Bioethanolproduktion in landwirtschaftlichen Brauereien sowie zur Integration einer Strohheizungsanlage in eine landwirtschaftliche Brennerei durchgeführt um neue Absatzmärkte wie den Kraftstoffbereich erschließen zu können.
Diese Studie baut auf den Ergebnissen der o.g. Machbarkeitsstudien auf und befasst sich mit dem nachgeschalteten Prozess der Absolutierung von Rohalkohol auf das verkaufsfähige Produkt.
Zu diesem Zweck ist der Prozessschritt der Absolutierung erforderlich, bei der das Ethanol gereinigt und entwässert wird. Anschließend hat das Ethanol eine Qualität von > 99,5 Vol.%. Nach DIN EN 228 dürfen von diesem Reinethanol bis zu 5 Vol.% dem Ottokraftstoff beigemischt werden. Auch eine Zugabe von Ethanol zu Diesel bzw. Biodiesel wäre möglich, hierdurch würde die Verbrennung des Kraftstoffes im Motor verbessert und der Feinstaub- und Rußausstoß vermindert. Eine weitere Einsatzmöglichkeit findet Ethanol in der Produktion von ETBE (Ethyl-Tertiär-Butyl-Ether), das das Additiv MTBE (Methyl-Tertiär-Butyl-Ether) ersetzt und von dem ebenfalls nach DIN EN 228 bis 15 Vol.% in Ottokraftstoffen zugemischt werden dürfen. Es besteht auch die Möglichkeit Reinethanol als Kraftstoff oder so genanntes E 85, aus 85 % Ethanol und 15 % Benzin, in Spezialfahrzeugen einzusetzen. Serienfahrzeuge zur Reinethanolnutzung werden bislang nur von wenigen Automobilfirmen (z.B. Ford) angeboten. Es gibt aber Flexible-Fuel-Vehicles (FFV) für E 85, die aber in Deutschland, in Ermangelung entsprechender Tankstellen, im Gegensatz zu anderen Ländern, wie Schweden oder Brasilien, bisher keinen Absatz finden.
Da die Produktion von Rohbranntwein in allen landwirtschaftlichen Brennereien ein saisonales Geschäft ist, ist die mangelhafte Auslastung der Brennereien branchenweit übertragbar, so dass hier ein beachtliches und bislang ungenutztes Potential zur Produktion von Bioethanol vorhanden ist.
Ziel dieser Machbarkeitsstudie ist es, unter Betrachtung ökologischer und ökonomischer Gegebenheiten, ein Grobkonzept für eine Absolutierungsanlage zu entwickeln und somit die technische und wirtschaftliche Machbarkeit zu überprüfen.
Diese Machbarkeitsstudie ist als wichtiges Glied eines iterativen Prozesses zu verstehen, dessen Ziel es ist, über den Zeitpunkt der staatlich garantierten Abnahme von Rohbranntwein hinaus, ein zukunftsfähiges und wirtschaftliches Konzept zur Produktion von Bioethanol für landwirtschaftliche Brennereien zu entwickeln.
Projektbeschreibung
Klärung der gesetzlichen Anforderungen
- Rahmenbedingungen der europäischen Union
- Nationale Rahmenbedingungen
Aufnahme des Ist-Standes
- Erfassung der relevanten Betriebe
- Aufnahme der relevanten Stoffströme
- Mögliche Standorte und Logistikkonzepte
- Dezentral
- Zentral
Technische Möglichkeiten der Absolutierung
- Darstellung der aktuellen Verfahren
- Schleppmittelverfahren
- Membran-Verfahren
- Molekularsiebverfahren
- Kosten und Automatisierungsgrad
Grobkonzeption einer möglichen Hofanlage
- Grobberechnung der Anlagendimension
- Abschätzung der Investitionskosten
- Berechnung der zu erwartenden Betriebskosten
- Berechnung der zu erwartenden Erlöse
- Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Grobkonzeption einer möglichen Gemeinschaftsabsolutierungsanlage
- Beurteilung der Investitionskosten
- Berechnung der zu erwartenden Betriebskosten
- Berechnung der zu erwartenden Erlöse
- Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
- Beurteilung der Eignung der untersuchten Standorte
Förderprogramme und Finanzierungsmodelle
- Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP)
- Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
- ZukunftsWettbewerb Ruhrgebiet
- REN-Breitenförderung
- Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Agrarbereich für Umweltschutz (UM-Vorhaben)
- Empfehlungen zur Finanzierung
Ergebnisse
In der vorliegenden Studie wurden drei Anlagentypen zur Entwässerung von Rohalkohol technisch und wirtschaftlich untersucht. Dabei handelte es sich um die Dämpfepermeationsanlage, das Molekularsieb und eine Hybridanlage, eine Kombination aus vorgeschalteter Dämpfepermeation mit einem Molsieb. Die Untersuchungen haben ergeben, dass die Dämpfepermeationsanlage, mit Absolutierungskosten in Höhe von rund 4 Ct/l bei einer 25.000 t/a Anlage und 3 Ct/l bei der 50.000 t/a Anlage die geringsten spezifischen Produktionskosten aufwies.
Um ein solches Anlagenkonzept realisieren zu können, konnten zwei verschiedene Standorte in NRW ermittelt werden, auf denen eine solche zentrale Absolutierungsanlage errichtet werden kann. Dies ist zum einen der Chemiepark Marl, der aufgrund seiner sehr guten Verkehrsanbindungen und der problemlosen Versorgung mit Energie sowie der Tatsache, dass auf dem Betriebsgelände mit der Oxeno Olefinchemie GmbH ein potentieller Abnehmer des Produktes ansässig ist, sehr gute Voraussetzungen mitbringt. Auf der anderen Seite konnte mit dem Betriebsgelände der Deutschen Kornbranntwein-Vermarktungs GmbH (dkv) ein weiterer Standort ermittelt werden, der sich aufgrund der etwas günstigeren Medien- und Mietkosten anbietet.
Darüber hinaus wurde ebenfalls ein dezentrales Absolutierungskonzept mit eine Anlagengröße von 20.000 hl/a auf dem Prinzip der Dämpfepermeation untersucht. Dabei wurde ermittelt, dass bei einem solchen Anlagenkonzept Rohalkohol (85 Vol.%) für 8,3 Ct/l absolutiert werden kann. Bei der Nutzung einer vorhandenen Rektifikationskolone (96 Vol.%) können die Kosten noch auf ca. 6 Ct/l gesenkt werden. Setzt man eine abgeschriebene und bezahlte Brennerei voraus, so entstehen dennoch Produktionskosten in Höhe von 60 Ct/l. Gesenkt werden können die Kosten insbesondere durch Einsatz eines anderen Energieträgers z.B. einer Strohheizung statt Heizöl sowie weiterer Optimierungsmaßnahmen (z.B. Reduzierung des Energieeinsatz) des Destillationsprozesses.
Die im Rahmen der Studie vorgenommene Befragung der Brennereiverbände ergab, dass bei 90 % der Brennereien Interesse an der Produktion von Bioethanol für den freien Markt besteht. Aufgrund der aktuellen Marktpreise von 45-47 Ct/l sind die landwirtschaftlichen Brennereien nicht in der Lage, verkaufsfähiges Bioethanol wirtschaftlich zu produzieren. Auf diesem Preisniveau dürften ebenfalls industrielle Produktionsstätten nicht wirtschaftlich produzieren können.
Der zu erzielenden Verkaufspreis an Mineralölkonzerne für Bioethanol ist deutlich niedriger, als der derzeitige Abnahmepreis der Bundesmonopolverwaltung, so dass aktuell das unternehmerische Risiko als hoch eingeschätzt wird und somit keine Investitionen in die Bioethanolproduktion rechtfertigen.
Die interessierten Brennereien könnten mit der vorhandenen Kapazität (ohne neue Investitionen) zwar Rohalkohol in ausreichender Menge für eine zentrale Absolutierungsanlage mit einer Kapazität von 25.000 t/a oder 50.000 t/a produzieren, jedoch sind diese Brennereien unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht in der Lage dies zu dem aktuellen Marktpreisen von 45-47 Ct/l zu realisieren.
Wagt man einen Ausblick in die mögliche Entwicklung, könnte aus der aktuellen Marktlage, eine Direktvermarktung der landwirtschaftlichen Brennereien von Bioethanol als E 85 Kraftstoff eine neue Möglichkeit sein, den Markt für sich zu erschließen und somit eine hohe Wertschöpfung innerhalb der Landwirtschaft zu verwirklichen. Ein solches Konzept könnte wie folgt strukturiert sein:
1. Gründung einer Erzeugergenossenschaft
2. Produktion von Ethanol mit 85 Vol.%
3. Logistik und Transport des Alkohols z.B. durch einen Maschinenring
4. Lohnabsolutierung z.B. durch die Fa. Sasol in Recklinghausen
5. Lohnmischung zu E 85 Kraftstoff
6. Rücknahme des verkaufsfähigen Kraftstoffes
7. Abgabe an Mineralölgesellschaften wie z.B. der Westfalen AG oder Direktvermarktung in kleinen Gebinden (1.000 l)
Es bleibt festzustellen, dass die Produktion von Bioethanol in landwirtschaftlichen Brennereien in Deutschland machbar ist und verschiedene Konzepte zur Realisierung existieren. Den deutlichen ökologischen Vorteilen, die durch das kleinräumige Schließen von Stoffkreisläufen eindeutig für diese Art der Bioethanolproduktion sprechen, stehen einige Unsicherheiten hinsichtlich einer wirtschaftlichen Produktion von verkaufsfähigem Bioethanol gegenüber.
Darüber hinaus besteht für die landwirtschaftlichen Brennereien eine echte Chance zur Direktvermarktung von Bioethanol als E85 nach dem Vorbild des Biodiesels, d.h. einen Marktzugang mit hoher Wertschöpfung durch die Landwirtschaft zu erreichen. Soweit politisch gewollt, sind hier allerdings Starthilfen erforderlich.
Projektleitung
Mitarbeiter
- Dipl.-Ing. Elmar Brügging M.Sc.
Projektzeitraum:
Februar 2005 - August 2005
Finanzierung
- Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz